Mittwoch, 18. Juli 2018

Kigali

Kigali, die Hauptstadt Ruandas, hat 1,2 Millionen Einwohner, aber man merkt davon eigentlich nichts. Die Stadt verteilt sich über mehrere Hügel und besteht abgesehen von ein paar Hochhäuschen hauptsächlich aus Diplomatenvillen und Einfamilienhäusern. Herr Kagame möchte ja gerne aus Kigali das Singapur Afrikas machen. Ein bisschen was bleibt da noch zu tun. Vorerst nisten noch die Störche mitten in der Stadt.
Die größte Sehenswürdigkeit ist das Convention Center, nach Plänen eines Münchner Architekturbüros gebaut, sehr chic mit einem edlen italienischen Restaurant, dessen Preisniveau sich zumindest schon mal auf Singapur Ebene bewegt (1 Glas Wein €9,-, und kein guter). Außerdem gibts noch einen deutschen Supermarkt mit Bäckerei und Metzgerei, hier hat sich Peter schon mal mit Leberkäs auf die Heimat vorbereitet.
Die restliche Zeit bis zu unserem Abflug heute Nacht vertreiben wir uns in der Rooftop Bar unseres Hotels mit Bier und Nüsschen.
Das wars aus Afrika. Bis demnächst in der Heimat.











Dienstag, 17. Juli 2018

Der Genozid - vier Monate im Frühjahr 1994

Viele denken bei dem Wort Ruanda auch heute noch sofort an den Völkermord. Innerhalb von vier Monaten wurden im Frühjahr des Jahres 1994 über eine Million Menschen auf brutalste Weise abgeschlachtet, überwiegend Tutsi aber auch gemäßigte Hutu, die sich nicht am Völkermord beteiligen wollten. Die Unterscheidung in Tutsi und Hutu als Volksstämme gab es vor der Kolonialzeit nicht, es waren schlicht Bezeichnungen für die Anzahl der Rinder, die jemand besaß, ähnlich unserem Verständnis von Großbauern und Kleinbauern. Die Kolonialmächte, erst die Deutschen, dann die Belgier, begannen dann gemäß ihrem Rassenwahn die Menschen zu vermessen und je nach Größe, Nasenlänge oder -breite in Tutsi und Hutu einzuteilen. Sie glaubten die Tutsi seien intelligenter und bezogen sie in die Verwaltung der Kolonie mit ein. Nach der Unabhängigkeit 1961 errangen die Hutu die politische Mehrheit. Bis zur Eskalation 1994 kam es immer wieder zu regional begrenzten Massakern, es gab Zeiten der Annäherung, die dann wieder vom radikalen Flügel der Hutu zunichte gemacht wurden. Sie bereiteten sich auch akribisch auf eine „Endlösung der Tutsi Frage“ vor. Die Details der ganzen Entwicklung kann jeder für sich in den Geschichtsbüchern nachlesen. Festzustellen bleibt dass die UNO und der gesamte Westen weggeschaut haben, während Frankreich und etliche andere Länder die Hutu Milizen bewaffnet und ausgebildet haben, französische Truppen waren zum Teil auch aktiv an den Massakern beteiligt, ebenso wie Vertreter der katholischen Kirche. Bis heute ist eine Entschuldigung ausgeblieben.
Beendet wurde der Völkermord durch den Einmarsch der RPF (Ruandan Patriotic Front) Truppen unter der Führung Paul Kagames, heutiger Präsident. Die RPF rekrutierte sich aus Tutsi Angehörigen, die nach Uganda und in den Congo geflohen waren. Durch konsequente Entwaffnung und unter

Verzicht auf irgendwelche Racheakte gelang es ihnen tatsächlich die Volksgruppen zu versöhnen. Einige der Hauptveranwortlichen wurden in Den Haag vor Gericht gestellt und verurteilt, etlichen gelang mit Hilfe Frankreichs die Flucht. Die große Zahl der an den Massakern beteiligten Menschen
hätte das Gerichtswesen auf Jahre hinaus blockiert und so führte man so genannte Grasgerichte (Gacaca) ein. Die Schlächter wurden in ihren jeweiligen Dörfern angehört und eventuell verurteilt. Wer sich zu seiner Schuld bekannte und um Vergebung bat konnte dem Gefängnis entgehen und musste dafür Arbeit für die Gemeinschaft leisten, die anderen sitzen zum Teil noch heute ihre Gefängnisstrafen ab.
Der Völkermord forderte nicht nur eine Million Menschenleben sondern hinterließ auch eine Million
Waisenkinder, eine total zerstörte Infrastruktur und unzählige Traumatisierte. Eine gewaltige Aufgabe  für den Staat. Hier hat dann die UNO wenigstens helfend eingegriffen und Kofi Anan hat sich auch für die Tatenlosigkeit der Weltgemeinschaft während des Genozids entschuldigt.
Heute erinnern überall im Land Denkmale an die grauenhafte Zeit und einige Museen arbeiten die Vergangenheit in sehr gut gemachten Ausstellung auf. Wir haben eines in Murambi und das Genocide Memorial in Kigali besucht.







Huyè

Huyè ist die Universitätsstadt Ruandas, hier leben mehr Studenten als andere Einwohner. Die Uni wurde bereits von den Belgiern gegründet und wie an vielen anderen Orten fanden auch hier während des vier Monate dauernden Genozids furchtbare Massaker statt. Außer einem Mahnmal ist davon nichts mehr zu sehen. Die Hörsäle, Fakultätsgebäude und Studentenwohnheime liegen beschaulich inmitten eines weitläufigen Parks. Großartige Ablenkungsmöglichkeiten bietet die Stadt nicht, die Studenten können sich also voll und ganz auf ihr Studium konzentrieren.

Huyè hat auch ein sehr interessantes ethnologisches Museum in dem die Entwicklung und das Leben der Bevölkerung Ruandas seit der Steinzeit sehr gut dargestellt ist. Viele der alten Techniken sind heute noch sehr verbreitet, auch wenn niemand mehr in aus Seegras geflochtenen Häusern wohnt.

Nachdem wir gerade noch rechtzeitig gemerkt haben dass Abflug  Donnerstag 0:45 Uhr nicht heißt dass wir den ganzen Donnerstag noch zu Verfügung haben beschließen wir die letzten 135 km nach Kigali mit dem Bus zurück zu legen. Das wiederum stellt die Dame am Busticketschalter vor schier unlösbare Aufgaben. Am nächsten Morgen klappt dann alles doch reibungslos und unter Anteilnahme von halb Huyè werden unsere Räder in den Bus gepackt und wir zuckeln  los Richtung Hauptstadt (Geschwindigkeitsbegrenzungen, max 80 km/h, werden hier sehr ernst genommen).




















Samstag, 14. Juli 2018

Essen, Trinken, Lifestyle

Um es gleich vorneweg zu sagen, abgemagert kommen wir sicher nicht zurück. Die lange belgische Kolonialzeit hat ihre Spuren in Form von Pommes frites mit Ketchup und Mayonnaise hinterlassen. Die gibt es praktisch immer und überall, schmecken auch sehr gut wenn man die Zubereitung erwarten kann. Hier gibt es nichts vorgefertigtes, alles wird frisch zubereitet, d.h. die Kartoffeln müssen erst geschält, geschnitten und gebraten werden. Das geht alles in der üblichen afrikanischen Gemütlichkeit von statten. Wenn man ein Gericht mit Hühnchen bestellt hört man es zehn Minuten später hinter sich gackern und man sieht wie ein Huhn herein getragen wird, bis es dann gekillt, gerupft und gebraten ist vergehen schon mal eineinhalb Stunden. Mittlerweile haben wir gelernt immer das gleiche zu bestellen, das verkürzt die Wartezeit ein wenig. Mit dem hier üblichen Grundnahrungsmittel Kochbanane konnten wir uns bisher nicht recht anfreunden, schmeckt wirklich nach nichts. Wirklich köstlich ist der Fisch, meistens ein Tilapia, im ganzen knusprig gebraten, mit Zitronensauce. Mmmh! Sehr oft gibt es auch Ziegeneintopf, geschmacklich sehr gut und festigt vor allem die Kaumuskulatur. Zum Frühstück ein spanisches Omelette und einen Obstteller. Ja wirklich! Ich esse hier jeden Tag Obst!!! (Für die, die mich nicht so gut kennen: zu Hause praktisch nie)

Obwohl wir uns in einem Tee- und Kaffeeanbauland befinden ist es nicht einfach guten Tee oder Kaffee zu bekommen, die meistens trinken hier African Coffee, Milch mit einem Löffelchen Kaffee drin. Aber das Bier lässt keine Wünsche offen. Für jeden Geschmack gibt es die passenden Sorten. Allerdings wundern sich die Einheimischen warum die Touristen das Bier kalt mögen, sie trinken es lieber warm.
Oft werden wir auf der Straße um unsere Wasserflaschen angebettelt. Kein Wunder, auch wenn es mittlerweile in vielen Dörfern öffentliche Brunnen gibt müssen doch viele noch kilometerweit mit ihren Kanistern zum Wasserholen laufen. In einem „Hotel“ wurden nach unserer Ankunft erstmal zwei mit Fahrrad und etlichen Kanistern losgeschickt um das Wasserfass zu füllen.

Am letzten Samstag im Monat ist Umuganda Day, öffentliche Gemeinschaftsarbeit. Alle Geschäfte bleiben geschlossen, der Verkehr ruht und die Bürger leisten gemeinnützige Arbeit. Es werden die Genozid Gedenkstätten instand gehalten, Schulen und Krankenhäuser gestrichen, Bäume gepflanzt, öffentliche Grünflächen gepflegt und der eh kaum vorhandene Müll entsorgt. Ruanda ist wirklich blitzsauber. Im Anschluss können die Bürger dann mit den Ortsvorstehern über Missstände in ihren Orten sprechen. Das alles soll die Ruander weiter zusammenschweißen und für die Probleme des Landes sensibilisieren.











Nyangwe Forest National Park

In Abwandlung einer alten Fußballweisheit heißt es hier „nach dem Berg ist vor dem Berg“ und „nach der Kinderhorde ist vor der Kinderhorde“. Manchmal kommen wir uns vor wie der Rattenfänger von Hameln. Auch darum haben wir die Fahrt durch den Nationalpark besonders genossen. Auf 73 km keine Musungo Rufe, keine 20 Kinder, die kilometerlang neben einem herlaufen und dabei ständig good morning, how are you, what’s your name und give me money rufen.
Die wenigen Menschen, denen wir begegnen, sind vor allem Militärs, die hier ständig patrollieren. Die Grenze zu Burundi verläuft in einigem Abstand zur Straße und nachdem es dort ja wieder einige Unruhen gibt ist man hier anscheinend in Alarmbereitschaft. Auf jeden Fall hat Ruanda Hubschrauber, die fliegen!!!

Aber die Fahrt ist vor allem landschaftlich ein Genuss. Der Nyungwe Forest ist der letzte intakte Bergnebelwald Ruandas. Einst waren weite Teile Ruandas und der angrenzenden Staaten davon bedeckt. Die Zerstörung ist keine Erfindung der Neuzeit, sie begann bereits vor zwei tausend Jahren, als die ersten Menschen hierher einwanderten und Flächen für Ackerbau und Viehzucht rodeten. Seit 2005 steht der Park unter strengem Schutz.

Es gibt eine einzige Übernachtungsmöglichkeit hier im Park  beim Uwinka Visitor Center auf 2450 m Höhe und die Preise sind entsprechend: $40,- für eine kalte Nacht im Zelt! Wenigstens bietet das winzige Restaurant ordentliche Nudeln mit Käse. Etliche Wanderwege unterschiedlicher Länge führen durch den Park, die man nur mit Führer begehen darf obwohl sie bestens ausgeschildert sind, aber so kann man den Touris nochmal $40,- pro Person entlocken. Ganz offensichtlich werden wir hier als reisende Goldesel betrachtet. Schön ist es trotzdem. Und der Sternenhimmel in der Nacht ist einfach gigantisch.









Montag, 9. Juli 2018

Congo Nile Trail

Haben wir uns zunächst noch riesig über die wunderbaren Straßen gefreut, die auch fleißig vom ruandischen Rennradteam genutzt werden, sollte sich das auf dem Congo Nile Trail schnell ändern. Der Weg heißt so weil der Gebirgsrücken am östlichen Rand des Kivusees die Wasserscheide zwischen Nil und Congo darstellt, alle Flüsse auf der Ostseite entwässern in den Victoriasee und damit in den Nil, auf der westlichen Seite in den Kivusee und Tanjanika See und somit in den Congo.
Ausgeschildert ist der Trail als Wander- und Radstrecke und auf den ersten Kilometern denken wir, dass es uns auf der Schotterpiste zum Wandern zu fad wäre, aber wir werden bald eines besseren belehrt. Am ersten Tag schaffen wir grad mal 43 km, werden aber dafür mit einer wunderschönen Unterkunft belohnt, der Rushel Lodge. Am zweiten Tag wollen wir eigentlich bis Karongi fahren aber bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 6 km/h schaffen wir bis zum Abend grad mal 26 km.  Der Weg ist für  Reiseräder absolut unfahrbar, selbst mit Mountainbikes ohne Gepäck bräuchte es versierte Fahrer um die Strecke zu meistern. Wir schieben die Räder zum Teil zu zweit Stück für Stück hoch, für einen allein ist es nicht machbar. Mir helfen auch immer wieder Einheimische die schwierigen Stellen zu meistern.
Heute hatten wir dann das Vergnügen auf einer nagelneuen Teerstraße nach Karongi zu rauschen. Uns fällt beim Abendspaziergang ein Toyota Jeep mit Landsberger Kennzeichen auf, wir schauen gleich mal hin und es ist eine Dame, Rentnerin, die seit Wochen allein durch Afrika tourt mit open End. Respekt!















Aber alle Strapazen sind doch gleich vergessen wenn man in so einer Bar sitzt 😄😉




Blick aus dem tren a las nubes

kleiner Imbiss zwischendurch

Quebrada de la Fechas